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Die Chöre und ihre bewegte Geschichte

Im Jahr 2020 feiert der Liederkranz 1860 Kriftel e.V. sein 160-jähriges Bestehen. Das ist, wenn man es genau nimmt, nicht ganz korrekt: Der Liederkranz ist in Wahrheit etwas jünger. Allerdings hatten im Jahre 1860 knapp zwei Dutzend Männer den Gesangverein „Frohsinn“gegründet. Daraus entstand dann später der heutige Verein mit seinen drei Chören. So liegen die wahren Ursprünge des Krifteler Liederkranzes tatsächlich 160 Jahre zurück – und es darf natürlich mit Fug und Recht gefeiert werden! Lesen Sie hier die bewegte Geschichte des Liederkranzes.

Ein Foto aus dem Jahr 1862: Zwei Jahre zuvor war der Gesangverein "Frohsinn" gegründet worden – reine "Männersache" damals.

Wiege des Chorgesangs stand in Kirchen

Es war die Reformation, die ab 1517 in Deutschland das „Singen und Sagen“, also das biblische Wort im Lied, in den Gottesdienst aufnahm. Der Gemeindegesang trat damit liturgisch vollberechtigt neben die Predigt und das Gebet. Während die Gemeinde einstimmig sang, entstanden in den größeren Städten Kantoreien aus Schülern und Bürgern, die in mehrstimmigen Liedsätzen zu singen lernten. Der Kirchenchorgesang war geboren.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts bildeten sich dann die ersten Laiengesangsgruppen außerhalb des Gottesdienstes. Bekannte Komponisten und Dichter schrieben Lieder für vierstimmigen Männergesang. Ein neuer Abschnitt der Vokalmusik, das Singen weltlicher Lieder im Chor, hatte begonnen.

Lehrer Kraus leitete den ersten Krifteler Chor

Auch im 700 Einwohner zählenden Kriftel schlossen sich im Jahr 1860, unter Leitung des Lehrers Kraus, 21 Männer zum Gesangverein „Frohsinn“ zusammen. Der Chor erzielte rasch gute gesangliche Fortschritte. Sein 25-jähriges Bestehen konnte er mit Kriftels erstem großem Sängerfest mit 21 Gastvereinen feiern.

In den Folgejahren wurden verstärkt auswärtige Veranstaltungen besucht. Bei Wettsingen erzielte der „Frohsinn“ zahlreiche Prädikate und Pokale. 1903 wurde der Verein Mitglied des „Sängerkreises Main-Taunus“, dem der „Liederkranz“ noch heute angehört.

Im Jahr 1877 wurde ein zweiter Gesangverein in Kriftel, der MGV „Eintracht“, mit zunächst 23 Aktiven gegründet. Auch er feierte sein 25-jähriges Bestehen 1902 mit einem großen Sängerfest. Den nächsten Gesangswettstreit erlebte Kriftel und seine nunmehr 1.550 Einwohner im Jahr 1910 anlässlich des 50. Geburtstages des „Frohsinn“, als 25 Gastvereine auf dem Festplatz „Auf der Bleiche“ miteinander wetteiferten.

Haben Sie noch alte oder sogar historische Fotos von den Chören des Gesangvereins Liederkranz 1860 Kriftel? Wir würden uns freuen, wenn Sie uns diese zur Verfügung stellen könnten! Kontakt: webmaster@liederkranz-kriftel.de

Zwei Männerchöre fusionierten zum Liederkranz

Nach dem ersten Weltkrieg fusionierten die beiden Krifteler Gesangvereine im Jahr 1920 zum heutigen „Liederkranz“, der 1928 Mitglied im Deutschen Sängerbund wurde. In den Folgejahren wuchsen die Bedeutung des Chores und die Sängerzahl deutlich. Mit mehr als 100 Sängern gelang es auf vielen Wettsingen, zahlreiche Preise und Ehrungen zu erzielen. Mehrere Operettenaufführungen begeisterten die Krifteler Bürger.

Das 75-jährige Jubiläum des Vereins 1935 wurde mit einem Konzert sowie abermals mit einem großen Sängerfest gefeiert, auf dem natürlich das Wettsingen zahlreicher Vereine von nah und fern nicht fehlen durfte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging die Entwicklung des Liederkranz rasch wieder aufwärts. Auf Wettstreiten, Wertungssingen, Weinpreissingen, Konzerten, Liedertagen und Freundschaftssingen zeigte der Chor ein beachtliches Können und erreichte bald wieder eine Chorstärke von 105 Sängern, bei ca. 3000 Einwohnern in Kriftel. Die Jubiläen zum 90. und zum 100. Geburtstag wurden mit Wertungssingen und „Bunten Abenden“ mit namhaften Künstlern gefeiert.

Sängerinnen bereichern den Liederkranz

Im Mai 1985 trafen sich 23 Kriftlerinnen zu einer ersten Singstunde mit Angelika Gabriel-Theobald und begründeten den Frauenchor des „Liederkranz“. Bereits zur zweiten Chorprobe standen 40 Namen auf der Liste der Sängerinnen, drei Jahre später zählte der Frauenchor 57 Mitglieder.

Frauen im Vormarsch: Dieses Bild zeigt die Gründerinnen des Krifteler Frauenchores.

Innerhalb kurzer Zeit entwickelte sich ein leistungsfähiger Chor, der in Kriftel und in der Umgebung ein stets gern gesehener Gast ist. Bei vielen Wettsingen konnten hervorragende Preise errungen werden.

Zum 10. Geburtstag des Frauenchores fand in Kriftel ein Freundschaftssingen mit 20 Gastvereinen statt.

Seit 2001 steht der Chor unter der Leitung von Svitlana Tulchiner. Wurde in den ersten Jahren vorwiegend ein bunter Mix aus Klassik und Moderne, Pop und Spiritual sowie deutsche Volksweisen gesungen, erweiterte der Chor sein Repertoire immer mehr.

Vor 20 Jahren: Ein "Junger Chor" wird gegründet

Der gemischte Chor im Liederkranz, der heutige Kammerchor Quintessenz, wurde 1999 unter dem Namen „Junger Chor“ mit anfangs zehn Sängerinnen und Sängern gegründet. Der musikalische Leiter, Christian Hauck, brachte den Chor soweit voran, dass er am Vereinsgeburtstag im Folgejahr bereits auftreten konnte.

Gemischter Chor Quintessenz
Der Kammerchor – damals hieß er noch "gemischter Chor" – in seiner Anfangsphase.

Im Jahr 2008 übernahm Alexander Grün die Leitung. Aufgrund des damit gestiegenen eigenen Anspruchs und der sehr präzisen Probenarbeit des Chorleiters fand der Chor seinen neuen Namen: Kammerchor Quintessenz. Projekte und Flyeraktionen, aber auch die sängerische „Überzeugungsarbeit“ ließ die Mitgliederzahl auf knapp 40 ansteigen.

Das Repertoire der „Quintessenz“ ist breit gefächert und international: Es reicht vom American Folksong über altitalienische Madrigale, mittelalterliche Spottlieder in altfranzösischer Sprache, altenglische Liebeslieder, bis hin zur Kirchenmusik der Renaissance. Auch Spirituals, Jazz und Pop gehören zum Programm.

Auftritte und Konzerte – wie es euch gefällt

Der 140-jährige Vereinsgeburtstag im Jahr 2000 wurde mit einem großen Jubiläumsball sowie dem Konzert „Schlager und Evergreens“ begangen. Mit dem Konzert „Männerchöre aus zwei Jahrhunderten“ (1978), unter der Leitung von Alexander Schwinck, wurde die Tradition geboren, im Zwei- bis Drei-Jahresrhythmus Konzerte auch in Kriftel zu veranstalten.

Erinnerungsfoto vom Krifteler Musical "Ausgetrickst" von Musikschulleiter Schmutzler.

Hervorzuheben sind hier ein „Volksliederkonzert“ (1987) unter der Leitung des Dirigentenpaares Gabriel-Theobald, das Konzert „Musical, Spiritual, Operette“ (1995) mit Stefan Laasch und Angelika Gabriel-Theobald, das Krifteler Musical „Ausgetrickst“ (1996) von Musikschulleiter Peter Schmutzler, die beiden „Springtime“-Auftritte (1997) mit den Wallace State Singers aus Alabama, ein Volksliederkonzert (2007) und nicht zuletzt das gemeinsame Jubiläumskonzert zum 150-jährigen Bestehen des Liederkranz „Wie es Euch gefällt“ (2009) aller drei Chöre unter der gemeinsamen Leitung von Helmut Walter Theobald, Svitlana Tulchiner und Alexander Grün.

Weitere Höhepunkte bildeten zwei Kaffeekonzerte (2013 und 2015), verschiedene Matineen (2010 und 2012), ein Abend mit Opern-, Operetten und Musicalstücken (2016) sowie das Konzert „Die fünf Elemente“ (2018) der Sängerinnen (Leitung jeweils Svitlana Tulchiner), das gemeinsame „Zwei Chöre auf Tour“ (2014) sowie „Reine Männerschen“ (2013) des Männerchores mit ihrem Chorleiter Helmut Walter Theobald.

Auftritte mit Sänger-Freunden im In- und Ausland

Für die Region ungewöhnliche Ereignisse waren die Konzerte der „Quintessenz“, bei denen durch die Mitwirkung zweier befreundeter Chöre unter der Leitung von Alexander Grün bis zu einhundert Sängerinnen und Sänger auf der Bühne standen: Das Adventskonzert „Christum wir sollen loben schon“ (2009) bildete einen evangelischen Gottesdienstes des 16. Jahrhunderts nach, „Veni Emmanuel“ (2014) einige Jahre später war ein eher humorvolles Adventskonzert. „I like to be in America“ (2011) ließ Swing und Pop erklingen, während „Teatime“ (2016) den Fokus auf britische Musik legte. „Er lebe hoch!“ (2013) vereinte Chormusik und Schauspiel auf sehr unterhaltsame Art.

Im Jahr 2014 fuhren zahlreiche Liederkranz-Mitglieder mit einem großen Projektchor in die Partnerstadt Airaines nach Frankreich, wo es mit dem französischen Chor EVA ein gemeinsames Konzert gab, das in Kriftel wiederholt wurde.

Auftritte bei Freundschafts- und Wettsingen befreundeter Vereine gehören insbersondere beim Männerchor unverändert zum regelmäßigen Programm des Liederkranz, wenn auch nicht mehr mit der Intensität der achtziger Jahre.

Sängerinnen und Sänger sind vielfältig aktiv

Neben dem Singen zeigen sich die Aktivitäten des Vereins in vielseitigen, geselligen Veranstaltungen. 1974 unternahm der Verein seine erste Auslandsreise nach Prag, viele andere europäische Länder wurden in den Folgejahren bereist.

Seit 1975 veranstaltete der Verein jahrelang in zweijährigem Rhythmus einen Faschingsabend.

1979 begann der Liederkranz, einen öffentlichen Vatertagstreff vor den Krifteler Schwarzbachhallen kulinarisch und musikalisch auszurichten. Es folgten ein jährlicher Ausflug im Rahmen der Krifteler Ferienspiele mit jeweils ca. 50 Krifteler Kindern, jährliche Aktivitäten bei den „Spielen im Park“ im September sowie ein Kuchenstand auf dem Lindenblütenfest sowie ein Stand mit Plätzchen auf dem Krifteler Adventsmarkt.

Darüber hinaus tragen viele sonstige Veranstaltungen und Ausflüge zum geselligen Leben im Verein bei. Auch bei sozialen und kulturellen Anlässen und Feiern der mittlerweile knapp 12.000 Einwohner starken Gemeinde Kriftel sowie bei Veranstaltungen anderer Ortsvereine stehen die Sängerinnen und Sänger tatkräftig unterstützend zur Verfügung. Ein alljährlich fester Termin ist der Beitrag aller drei Chöre zur „Musik zum Adventsmarkt“ in der Kirche St. Vitus am ersten Advent.

Offen für gesellschaftliche Strömungen

Und die Sängerinnen und Sänger gehen mit der Zeit. Sie entwickeln sich weiter, behutsam, mit Rücksicht auf Traditonen und Gewohnheiten, doch in aller Offenheit für den Zeitgeist und neue gesellschaftliche Strömungen:

Im Februar 2016 änderte der Frauenchor seinen Namen. Er nennt sich seitdem „ChoryFeen“. Die Namensänderung war Teil eines Modernisierungsprogramms, zu dem auch das Konzertprojekt 2016 mit Songs aus Musicals, Operetten und Opern gehörte.

Der inzwischen auf fast 40 Sängerinnen angewachsene Chor machte es sich zum Markenzeichen, dass er seine Lieder, Arien und Songs darstellerisch und choreographisch untermalt, was seine Konzerte zu etwas Einzigartigem in der regionalen Chorlandschaft werden ließ.

Im Jahr 2017 übernahm Sebastian W. Wagner die Chorleitung der Männer. Neben neuem Repertoire stellt er die Stimmbildung in den Mittelpunkt. Er unterzog den Chor einem konsequenten Modernisierungsprozess, zu dem auch die Nutzung sozialer Medien gehört. Zur Gewinnung neuer Mitsänger wurde von einem Profi ein Imagefilm über den Männerchor erstellt. In einer Pressemitteilung der Gemeinde hieß es dazu:

„Dass der Verein – trotz seines hohen Alters – dennoch mit der Zeit geht, zeigt jetzt ein neues, professionell produziertes Video, das einen Ausschnitt aus den Proben des Männerchores zeigt. Zu sehen ist es unter der Adresse: https://www.youtube.com/watch?v=LkOlGWvdPII

Das nächste Großereignis stand 2020 an, eigentlich...

2020 wurde der Liederkranz 160 Jahre alt und ist damit der älteste Verein in Kriftel. Das sollte eigentlich mit einem Konzert aller drei im Liederkranz organisierten Chören am 17. Mai 2020 in der Großen Schwarzbachhalle in Kriftel gefeiert werden. Doch dann kam das Corona-Virus „Covid 19“ und machte alle Planungen zunichte. Das Konzert wurde auf den 30. Mai 2021 verlegt. Jedoch konnte es auch an diesem Termin nicht stattfinden. Ein erneuter Termin, etwa im Jahr 2022 steht solange nicht fest, wie noch keine Räumlichkeiten der Gemeinde Kriftel gebucht werden können.

Auch eine Konzertreise aller drei Chöre in Kriftels Partnerstadt, Piława Gὀrna, die im Juni 2020 stattfinden sollte, musste zunächst auf das Jahr 2021 verschoben werden – und fand auch dann nicht statt. Als neuer Termin sind die Tage vom 15. bis 19. Juni 2022 vorgesehen.

Die Vereinsfahne, geweiht am 18. Juni 1921, ist pünktlich zum 160-jährigen Jubiläum schon umgezogen – vom Foyer des Rat- und Bürgerhauses in die Räumlichkeiten des Vereins in der Schulstraße.